Curd Jürgens by Specht Heike

Curd Jürgens by Specht Heike

Autor:Specht, Heike [Specht, Heike]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2015-10-25T16:00:00+00:00


Der andere Deutsche

Im Herbst 1954 begannen in den Filmstudios Hamburg-Wandsbeck die Dreharbeiten zu Des Teufels General. Carl Zuckmayers gleichnamiges Drama, eines der erfolgreichsten Bühnenstücke der Nachkriegszeit, war 1947 uraufgeführt worden. Zuckmayer, der seit 1938 in den USA lebte, hatte mit diesem Dreiakter seinem Freund, der Fliegerlegende Ernst Udet, ein Denkmal gesetzt. Udet war im Ersten Weltkrieg ein berühmter Jagdflieger gewesen, in der Zeit des Nationalsozialismus hatte er sich von den Machthabern für ihre Zwecke einspannen lassen und war bis zum Generalluftzeugmeister der Wehrmacht aufgestiegen. Im Zusammenhang mit der aus deutscher Sicht missglückten Luftschlacht um England beging Udet im Herbst 1941 Selbstmord. Sein Tod wurde in den nationalsozialistisch gesteuerten Medien jedoch als Unfall hingestellt. Udet, so hieß es, sei bei der Erprobung einer neuen Waffe ums Leben gekommen. Zuckmayer schildert in seinen Memoiren Als wär’s ein Stück von mir seine letzte Begegnung mit Udet in Berlin im Jahr 1936. Dieser habe ihm damals unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er sich in Sicherheit bringen solle. Für sich selbst sah Udet keine Rettung mehr: »Ich (…) bin der Luftfahrt verfallen. Ich kann da nicht mehr raus. Aber eines Tags wird uns alle der Teufel holen.«233

Zehn Jahre nach Kriegsende ging die Real Film GmbH unter der Leitung von Walter Koppel und Gyula Trebitsch nun daran, Zuckmayers Stück auf die Leinwand zu bringen. Koppel und Trebitsch hatten hart für eine Verfilmung in Deutschland kämpfen müssen, denn auch Charles Vidor, der amerikanische Regisseur und Schwiegersohn Harry Warners, des Präsidenten der mächtigen Warner Brothers Studios, war an dem Stoff interessiert. Als Regisseur hatte die Real Film Helmut Käutner gewinnen können, der zusammen mit Georg Hurdalek auch Zuckmayers Drama in ein Drehbuch umarbeitete. Käutner betonte, dass die Zeit nun reif sei, die Deutschen in einem großen Kinofilm mit diesem Stoff zu konfrontieren. Noch einige Jahre zuvor, so Käutner, wäre es vermutlich nicht gelungen, das einzelne Schicksal, die einzelne Verantwortung herauszuarbeiten: »Hakenkreuze, Uniformen, selbst einzelne Charaktere (…) sie alle wären stellvertretend, in Bausch und Bogen stellvertretend für das gesamte vergangene Regime gewesen.« Die Gefahr einer kollektiven Sicht aber habe unter allen Umständen vermieden werden müssen.234

Der luftfahrtbegeisterte Harry Harras war in jungen Jahren Jagdflieger. Inzwischen ist er zum General aufgestiegen und zusammen mit seinem Freund, Oberst-Ingenieur Oderbruch, im Reichsluftfahrtministerium zuständig für die Prüfung der Maschinen der Luftwaffe. Der Lebemann liebt die Frauen, gutes Essen und ist auch dem Alkohol nicht abgeneigt. Er ist ein Opportunist, macht zwar im »Dritten Reich« Karriere, steht aber nicht hinter der Nazi-Ideologie. SS-Gruppenführer Schmidt-Lausitz bringt er wenig kaschierte Verachtung entgegen. Schmidt-Lausitz’ Angebot, in der Waffen-SS eine eigene Fliegereinheit aufzubauen, die quasi mit der Luftwaffe in Konkurrenz steht, lehnt Harras rundweg ab. Gleichzeitig werden die Behörden misstrauisch, da immer wieder Flugzeuge der Luftwaffe schwere Konstruktionsfehler aufweisen.

Harras, der sich durch seinen Lebenswandel, seine Unabhängigkeit und seine Unvorsichtigkeit nicht wenige Feinde gemacht hat, wird nun verhaftet. In einem Gestapo-Gefängnis wird er 14 Tage lang festgehalten und regelmäßig psychischer Folter unterzogen. All das geschieht auf Weisung Schmidt-Lausitz’ und unter Billigung Heinrich Himmlers persönlich, den man im Film aber nie zu Gesicht bekommt.



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